06.08.2024

Immobilieninvestoren sehen Chancen in Ostdeutschland

Viele Bürger in den ostdeutschen Bundesländern fühlen sich abgehängt und haben nur wenig positive Erwartungen, was ihre Zukunft angeht – Umfragen und Studien zeigen das immer wieder, etwa eine der Universität Jena von Anfang des Jahres: Das Gefühl des Abgehängt-Seins im Osten war demnach doppelt so ausgeprägt wie im Westen.

Aus Sicht einiger Immobilien-Investoren entbehrt diese Haltung jeder Grundlage. Sie konzentrieren sich bei der Bewertung von Wohnstandorten und möglichen Investitionszielen auf Parameter wie Bevölkerungszuwachs, Attraktivität einer Innenstadt, Wirtschaft und Arbeitsmarkt – und werden dabei in den größeren Städten Ostdeutschlands durchaus fündig. Das internationale Immobilien-Dienstleistungsunternehmen Colliers hat die Wohnungsmarkt-Perspektiven anhand der Beispiele Leipzig und Dresden näher untersucht und kommt zu dem Schluss: „Beide Städte haben eine enorm positive Entwicklung genommen.“ Neue Industrieansiedlungen, Arbeitslosenquoten auf Langzeittief und attraktive Citys als Ergebnis jahrelanger Städtebauförderung sorgen aus Sicht der Immobilienfachleute für beste Aussichten.

Vor allem aber bleibt die Zuwanderung – auch von Arbeitskräften aus anderen Bundesländern – für stetiges Bevölkerungswachstum. „Die Lebensqualität ist hoch, und die Wohnkosten im Vergleich zu vielen anderen Standorten in Westdeutschland sind gering“, sagt Bastian Kunau, Chef der Wohnungsinvestitions-Sparte von Colliers „Facharbeiter, die aus anderen Regionen Deutschlands dorthin ziehen, merken ganz deutlich, dass sie mehr im Portemonnaie für die sonstigen Lebenshaltungskosten haben als anderswo“, so der Experte weiter. Ostdeutsche Großstädte; für die arbeitende Bevölkerung sind das Standorte mit vielen Vorteilen.

Die unverstellte Perspektive von Investoren bildet einen bemerkenswerten Kontrapunkt zu manchen Selbstbetrachtungen innerhalb Ostdeutschlands, wo sich laut der genannten Jena-Studie fast jeder Fünfte abgehängt fühlt. Zumal der Mietwohnungsmarkt für fast jede Einkommensklasse zugänglich ist. Auch heute noch liegt die sogenannten Mietbelastungsquote in Dresden und Leipzig im Schnitt kaum höher als 20 Prozent des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens. Das ist aus heutiger Sicht der Bewohner ein Pluspunkt, aber auch aus Sicht der Investoren, die hier schlicht ein Aufwärtspotenzial zu erkennen glauben.

Denn auch in den ostdeutschen Wachstumsregionen gehen die Baugenehmigungen zurück. Die Zahl der Haushalte wächst dagegen in den attraktiven Lagen schneller als im Bundesdurchschnitt. Beides zusammen ergebe eine wachsende Knappheit. „Auch in ostdeutschen Großstädten müssen Projektentwickler rund 18 Euro für einen Quadratmeter Neubau verlangen“, rechnet Kunau vor. Hohe Grundstücks- und Baukosten machten einen niedrigeren Preis für private Akteure unrentabel. Doch diese Miete könne nur von einem winzigen Teil der Bewohner vor Ort getragen werden. „Der Neubau wird deshalb deutlich länger ausbleiben als im Rest von Deutschland“, so Kunau. Die Folge: „Die Investoren konzentrieren sich auf den Bestand.“ Dort werden wieder steigende Quadratmeterpreise gezahlt und früher oder später auch wieder höhere Mieten verlangt. „Die Mieten werden wieder teurer, und das ist nur der Anfang, das wird deutlich aggressiver“, prognostiziert Kunau.

Ähnliches erwarten Immobilienmarktexperten auch in anderen ostdeutschen Wachstumsstädten – meist die Universitätsstädte, in deren Nähe mit wachsender Wirtschaftstätigkeit gerechnet wird – also auch etwa Magdeburg, Rostock oder der High-Tech-Standort Jena. Die Großstädte weisen in Prognosen langfristig ein deutliches Plus im Wanderungssaldo aus.

Sascha Nöske, Vorstand der Investmentgesellschaft Strategis AG, hat vor allem das Berliner Umland im Blick, das weiterhin von der Abwanderung aus der City profitieren werde. „Interessant ist der Süden der Hauptstadt“, sagt Nöske, wo die Einwohner immer größere Kreise ziehen. Selbst kleinere Orte wie Teltow geraten dabei in den Blick der Entwickler, in Zossen oder Stahnsdorf tauchen plötzlich Mieten oberhalb von 15 Euro in den Anzeigen auf. Ganz so unattraktiv scheint der Osten also tatsächlich nicht zu sein.

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